Begriffsdefinitionen von Soft Skills und sozialer Kompetenz – Teil 3 – egoistisch handeln

In einem meiner Workshops „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ habe ich mit meinen Teilnehmern, meist jungen Projektmanagern lange über das Thema Egoismus diskutiert. Ich glaube, es ist nicht nur für junge Projektmanager interessant zu wissen, ob und wann man egoistisch handelt.

Eine junge Teilnehmerin haderte damit, ihrem deutlich älteren Mitarbeiter, in ihrer Funktion als Projektleiterin, die klare Anweisung zu geben: „In 5 Tagen musst Du die Zeichnung überarbeitet haben und sie an mich schicken.“ Sie weiß, dass diese 5 Tage für ihren Mitarbeiter eine zeitliche Herausforderung ist. Sie fragte sich: „Ist es nicht egoistisch, wenn ich das von ihm verlange?“

Was ist egoistisch handeln überhaupt?

Wenn wir egoistisch sind, stellen wir ausschließlich unsere eigenen Wünsche, Erwartungen und Forderungen in den Mittelpunkt. Wir verhalten uns rücksichtslos, ohne auf die Belange anderer einzugehen. Wir nehmen auch in Kauf, ihnen bewusst zu schaden. So beschreibt es Wikipedia.

Handelt sie egoistisch oder gehört es zur ihrer Aufgabe als Projektleiterin?

In der folgenden Diskussion haben wir herausgearbeitet, dass es zu ihrem Job als Projektleiterin gehört, klar definierte Aufgaben an die Mitarbeiter zu verteilen. „Das ist die Aufgabe, du bist dafür verantwortlich, sie muss bis zum xx erledigt sein.“

Es geht hier nicht um eine persönliche Forderung der Projektleiterin, sondern um die Erledigung einer Aufgabe aus dem Projektkontext. Die Projektleiterin verschafft sich durch Ihre Forderung also keinen privaten Vorteil. Sie handelt nicht egoistisch.

Allein mit der Verteilung der Aufgabe handelt sie also nicht egoistisch. Interessant wird es, wie den Projektleiterin und Mitarbeiter im Weiteren mit der gestellten Aufgabe umgehen.

Und wenn der Kollege sagt, er kann den Termin nicht einhalten?

Manchmal geht es an der Stelle ja auch um Machtspiele oder die Durchsetzung anderer verdeckter, gern auch mal sehr persönlicher Interessen. Frei nach dem Motto: „Der zeig ich mal, dass sie mir nichts zu sagen hat. Ich bestimme, wann ich was liefere.“ Oder auch umgekehrt: „Dem zeige ich mal, dass ich hier die Chefin im Ring bin.“

Wenn es genau auf dieser Ebene um die Durchsetzung ausschließlich persönlicher Interessen geht, dann handeln hier beide sehr egoistisch. Jeder versucht sich einen Vorteil zu verschaffen, seine eigenen Interessen durchzusetzen und es dem anderen einmal so richtig zu zeigen, seine Macht auszuspielen. Hier sind wir also weit entfernt von dem eigentlichen Bezug zum Projekt. Es geht auch nicht um eine gemeinsame Lösungsfindung. Hier sind wir an dem Punkt: purer Egoismus.

Statt egoistisch jetzt konstruktiv

Wenn der Projektleiterin eine konstruktive Zusammenarbeit mit ihren Teammitgliedern wichtig ist, dann wird sie auch mit ihrem Mitarbeiter reden und schauen, ob auch er die Möglichkeit hat, die Aufgabe zu erledigen. Ihm also die Gelegenheit geben, auf diesen Termin zu reagieren. Vielleicht hat er ja 25 weitere Zeichnungen auf dem Tisch, die auch alle überarbeitet werden müssen.

Eine Möglichkeit besteht darin, gemeinsam mit dem Kollegen die Priorität der Überarbeitung für jede Zeichnung festzulegen. Sofern die Projektleiterin dafür die Verantwortung übernehmen kann, weil die anderen Zeichnungen auch aus ihrem Projekt stammen.
Oder sie kann auf die anderen „Beauftrager“ zugehen und mit denen einen Lieferaufschub diskutieren.
Eine dritte Möglichkeit besteht darin, nur definierte Teile der Zeichnung zu überarbeiten und zu einem späteren Zeitpunkt die vollständig überarbeitete Zeichnung zu liefern.

Sicher gibt es auch weitere Ideen und Lösungsansätze, die sie mit ihrem Mitarbeiter findet, wenn beide an einer gemeinsamen Lösung interessiert sind. Wenn sie also konstruktiv miteinander reden.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Egoistmus oder konstruktivem Umgang miteinander gemacht. Hinterlassen Sie gern einen Kommentar.
Ich freue mich auf Ihren Boxenstopp in meiner Projektwerkstatt
Ihre Annette Berger

In dieser Reihe bereits erschienen:
Begriffsdefinitionen von Soft Skills und sozialer Kompetenz – Teil 1: Selbstbewusstsein und Souveränität
Begriffsdefinitionen von Soft Skills und sozialer Kompetenz – Teil 2: Respekt

2 Gedanken zu „Begriffsdefinitionen von Soft Skills und sozialer Kompetenz – Teil 3 – egoistisch handeln“

  1. Danke für den Artikel! Ja, das Thema beschäftigt mich seit Langem. Für mich persönlich habe ich „Egoismus“ mit den Begriffen von Marshall Rosenberg am besten verstanden.

    Er definiert einen „Konflikt“ dadurch, dass 2 Bedürfnisse aufeinanderstoßen. „Gewalt“ entsteht dann, wenn jemand das Bedürfnis des anderen negiert und sein eigenes – also nicht das des Unternehmens bzw. des Auftrags, wie Sie im Blog sagen – über das des anderen stellt.

    Egoismus entsteht demnach dann, wenn jemand die Bedürfnisse des anderen nicht ernst nimmt und sich nicht damit auseinandersetzt und nur das eigene Bedürfnis gelten lässt.

    • Hallo Herr Bachler,
      vielen Dank für Ihre Anmerkungen und Ihre Sicht auf den Egoismus. Auch da wird sichtbar, wie wichtig es ist, nicht nur nach sich selbst, sondern auch nach seinen Mitmenschen zu schauen.

Kommentare sind geschlossen.

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