Warum funktioniert ein System?

Mein Beitrag zur Blogparade „Kein Produkt ohne Projekt?“; PM Camp Stuttgart 2015 #pmcampstr 
Am 08. und 09. Mai 2015 fand in der Hochschule der Medien das PM Camp in Stuttgart statt. Hier findet Ihr Bilder und Eindrücke vom PM Camp Stuttgart.

Wo sind die Stellschrauben, an denen wir drehen müssen, dass eine Firma besser läuft? Oder: Warum funktioniert ein System?

Mir fällt dazu als erstes eine Uhr ein. Vielleicht hat mich die Zeitmaschine von madiko dazu inspiriert.

Der Betrachter erkennt auf den ersten Blick, wie spät es ist. Die Uhr kann klein sein und ist ein Schmuckstück an unserem Handgelenk. Sie kann auch groß sein, als Bahnhofsuhr begleitet sie Reisende auf dem Weg von einem Zug zum nächsten. Oder es ist eine Atomuhr, die über den Zeitzeichensender DCF77 z.B. die Rechner in Stellwerken mit der „genauesten“ Zeit versorgt.

Uhren werden mit höchster Präzision gebaut. Das Innenleben, kleine und winzige Teile, Unruh, Federwerk, Zahnradgetriebe sind genau aufeinander abgestimmt. Sie werden in der erforderlichen Größe an die vorgegebene Stelle gebaut. Drumherum kommt ein Gehäuse, das vor Schmutz und Beschädigung schützt. Das „Sichtbar machen“ der Zeit erfolgt über Zeiger oder eine digitale Anzeige. Batterien oder das Aufziehrädchen halten die Uhr in Aktion.

Was macht unser Produkt, unser Projekt oder unsere Firma erfolgreich?

Keiner würde auf den Gedanken kommen die Zeiger in der Uhr einzubauen. Jeder weiß, Zeiger gehören außen an eine Uhr. Wie ist das mit unseren Produkten oder Unternehmen? Woher wissen wir, was an welche (und im besten Fall an die richtige) Stelle gehört?

  • Kann man auf den ersten Blick den Sinn und Zweck) erkennen?
  • Sind unsere Produkte und Unternehmen flexibel? Passen Sie an das Handgelenk oder können Sie nach Bedarf auch für den Bahnhofsturm oder zu einer technischen Höchstleistung umgebaut werden?
  • Sind die Bauteile (Prozesse, Organisationseinheiten) präzise aufeinander abgestimmt?
  • Gibt es ein Gehäuse, das vor Beschädigung (der Produkte oder Mitarbeiter) schützt?
  • Was ist unser Antrieb um zu tun, was wir tun?
  • Welche Erwartungen und Werte (Nachhaltigkeit, zufriedene Mitarbeiter, . . ) stellen wir an unsere Produkte und Unternehmen?
  • Wie finanzieren wir uns?
  • Kommt der Erlös einigen wenigen oder allen gleichberechtigt zu gute?
  • Wohin entwickelt sich der Markt um uns herum?
  • Sind wir innovativ und Vorreiter, kennt der Markt unsere Produkte noch gar nicht?
  •  . . .

All diese Fragen brauchen Antworten. Wenn die Firma A dafür Antworten findet, so führen diese nicht unbedingt für die Firma B zum Erfolg.

Was vereint aber alle Unternehmen, alle Produkte, alle Teams und alle Uhrwerke? Alle sind Systeme!

Kybernetik als die Lehre zur Steuerung von Systemen

Mit dem „Funktionieren von Systemen“ befasst sich die Kybernetik. Begründet wurde sie von Norbert Wiener als die Wissenschaft der Steuerung und Regelung von Maschinen, lebenden Organismen und sozialen Organisationen. Weiterhin wurde sie auch mit der Formel „die Kunst des Steuerns“ beschrieben. Quelle: Wikipedia

Systemisches Coaching und systemisches Projektmanagement

Die Kybernetik entwickelte sich weiter. Der Blick richtete sich dabei verstärkt auf „lebende Systeme“, auf Menschen und auf Teams. Nicht nur die Kybernetik auch das systemische Coaching und das systemische Projektmanagement betrachten nicht nur einen einzelnen Vorgang oder eine einzelne Handlung. Sie betrachten die Auswirkungen, die daraus im System entstehen.

Alles hat mit allem zu tun. Jeder Einfluss, ob durch Entscheidungen der Menschen oder das Verhalten von Maschinen, hat Auswirkungen. Wir leben in einer hochkomplexen Welt. Komplexität reduzieren heißt: Auswirkungen einschätzen und verstehen, wie Systeme funktionieren.

Systemerhaltende Prinzipien für Teams und Unternehmen

Ich möchte Euch einen Ansatz aus dem systemischen Coaching, die „systemerhaltende Prinzipien für Teams“ vorstellen. Sie erklären unsere menschlichen Systeme sehr gut.

Warum funktioniert ein System ? Projektwerkstatt

Unter welchen Bedingungen funktioniert ein System?

Ein Team arbeitet nicht nur nach selbst gestellten Aufgaben und Zielen. Es wird auch von Prinzipien geleitet, die in menschlichen Systemen, oft unbewusst wirksam sind. Woran liegt das?

  • Ein Team funktioniert als ein Netzwerk aus Menschen, Informationen und Technologien und ist mit anderen Netzwerken (Lieferanten, Markt) eng verbunden.
  • Jede Handlung hat eine Auswirkung auf alle Beteiligten.
  • Es gibt ein unausgesprochenes Wissen darüber, was gut ist, was stört und was das Ganze schwächt oder stärkt.
  • Wenn Teile des Netzwerkes gegeneinander arbeiten oder sich aus dem Ganzen lösen, funktioniert das System schlecht.
  • Ein Problem bildet sich dann häufig wie ein Warnsymptom und weist auf ein Ungleichgewicht im System / Team hin.

Grundregeln der systemerhaltenden Prinzipien

Hier sind einige Grundregeln zusammengefasst, die für das „Ineinander Greifen der Zahnräder“ sorgen. Auch sie haben meiner Meinung nach keine „absolute bzw. nicht zu verändernde“ Gültigkeit. Gerade das Thema der Führung wird sich verändern und in zukünftigen Arbeitswelten möglicherweise kaum noch eine Rolle spielen.

1. Was ist, muss sein dürfen: Würdigung

Das Verleugnen von gegebenen Tatsachen erzeugt eine Disharmonie im Team. Um handlungsfähig zu sein, müssen die Systemmitglieder anerkennen und würdigen was ist. Das gemeinsame „der Wirklichkeit ins Auge schauen“, die Würdigung dessen was ist, hat etwas Befreiendes und öffnet das System für Lösungen. Dadurch wird das Team wieder handlungsbereit und entscheidungsfähig.
Das Wahrnehmen und Anerkennen der Wirklichkeit eröffnet Lösungsperspektiven und ist eine Grundvoraussetzung für alle anderen Prinzipien.

2. Vorrang des höheren Einsatzes für das Ganze

Auch in Teams sind nicht alle gleich. Kompetenzvorrang und Verantwortungsvorrang sind zu berücksichtigen. Ein Team hat das Bedürfnis nach Führung. Wenn Führung fehlt, entsteht Unsicherheit. Der Chef muss Chef sein und verantwortlich führen. Die Mitglieder des Teams respektieren ihn in seiner Position.
Wer mehr Einsatz für das Ganze bringt, hat in zwischenmenschlichen Systemen mehr Gewicht.

3. Das Recht auf Zugehörigkeit

Mitglieder die das Gefühl haben nicht zum Team zu gehören, identifizieren sich nicht mit der Teamaufgabe. Die, die neu dazukommen, müssen vom Team aufgenommen werden und benötigen einen „Platz“. Die, die gehen, hinterlassen ein „Loch“. Das „offizielle“ Begrüßen von neuen Teammitgliedern ermöglicht diesen, ihren Platz zu finden. Das „offizielle“ Verabschieden von Teammitgliedern ermöglicht allen die bewusste Wahrnehmung des Abschieds mit der Trennung vom Team.
Alle, die zu einem System gehören, müssen dazugehören dürfen.

4. Vorrang des Früheren vor dem Späteren

Das Team bekommt einen neuen Mitarbeiter. Verhält der sich als stehe er auf dem ersten Platz, reagiert das gesamte soziale System allergisch auf solch eine Anmaßung. Der „frische Wind“ den der „Neue“ mitbringt, führt nicht zur gewünschten Verbesserung sondern zu Ablehnung und Unruhe. Der „Neue“ muss bewusst anerkennen, dass er auf dem letzten Platz steht. Er muss anerkennen, dass z.B. die anderen älter sind, länger im Unternehmen sind und an ihrem Platz die größere Kompetenz vorweisen.
Wer länger im Unternehmen oder Team ist, hat Vorrang. Der „Neue“ steht in der Ordnung des Systems immer auf dem letzten Platz. Unter Einbeziehung ihrer Erfahrungen und Meinungen sowie Anerkennung und Würdigung der jeweils anderen Position wird der „Neue“ handlungsfähig.

5. Ausgleich von Geben und Nehmen

Es besteht immer ein unbewusstes Verlangen nach Ausgleich. Erfolgt dieser Ausgleich nicht, entsteht dadurch Unzufriedenheit, die zur „inneren“ Kündigungen sowie zum Ausscheiden aus dem Team führen kann. Die „ständigen Geber“ fühlen sich irgendwann ausgenutzt von den „ständigen Nehmern“. Die Schieflage kann ausgeglichen werden, wenn die „Nehmer“ stärker einbezogen werden.

Die Hilfe von Anderen anzunehmen, erfordert die Bereitschaft sich selbst zurückzunehmen. Das verlangt, gerade von handlungsstarken Menschen, ein gewisses Maß an Vertrauen. Genau das fördert das Entwicklungspotential des „Gebers“. Gleichzeitig entlastet es die Aufgabenmenge des „Nehmers“.
Der Ausgleich zwischen Geben und Nehmen sorgt für das Gleichgewicht im Team.

6. Kompetenzvorrang

Die Anerkennung besonderer Leistungen und Fähigkeiten, sowie sichtbarer Ergebnisse oder eine außergewöhnliche berufliche Erfahrung muss unabhängig von der derzeitigen Position des Betreffenden geschehen. Das stärkt die Position des Mitarbeiters und seine Bindung zum Unternehmen.
Vorrang hat, wer hohe Kompetenz in ein Arbeitssystem einbringt. Besondere Leistungen und Fähigkeiten müssen anerkannt und gefördert werden.

Quelle: Klaus Peter Horn / Regine Brick; Das verborgene Netzwerk der Macht

7. Recht auf Schutz vor Angriffen von außen und nach außen

Ich persönlich habe einige Teams erlebt, die unter dem Druck von Aussen „zu Bruch gegangen sind“. Deswegen füge ich ein weiteres Prinzip hinzu:

Angriffe von außen bringen das Team in eine Schieflage. Fehlt die Würdigung der Leistung des Teams von außerhalb und schlägt sie in offene oder verdeckte Angriffe auf Einzelne oder das gesamte Team um, führt das zu Unsicherheit, Demotivation und Handlungsunfähigkeit.
Das Team benötigt den Schutz nach außen, um in seiner Handlungsfähigkeit zu bleiben.

Was sind nun die „Einstellwerte“ für die Stellschrauben der erfolgreichen Firmen?

Es wird keine, für alle Produkte und Projekte sowie deren Teams, „absoluten“ und „richtigen“ Stellschrauben geben. Genauso wenig werden die Einstellwerte überall gleich sein. Was es überall braucht ist Vertrauen, Respekt und ein gemeinsam empfundener Sinn. Nur gemeinsam werdet Ihr die Antworten finden.

Ich wünsche Euch erfolgreiche Firmen und erfolgreiche Produkte.
Eure Annette Berger

Hier findet Ihr Bilder und Eindrücke vom PM Camp Stuttgart.

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